Von illegalisierten Menschen

„Man muss die ganzen Regeln wissen.“
Interview Ahmad:

Int: Kannst du kurz erklären in welcher Situation du die letzten 18 Monate gelebt hast?

A: Also ich war am Anfang für 14 Monate im Kirchenasyl. Dort war es einfacher. Es war trotzdem auch schwierig, aber mein Zimmer war groß genug, ich hatte eine Küche allein und viele Leute kamen zu Besuch. Immer war jemand für mich da. Ich habe dort Sport gemacht und viele Unterhaltungen. Das war eigentlich gut. Aber hier war das anders.

Int: Wie kam es überhaupt, dass du in die Kirche gegangen bist? Gab es einen Abschiebeversuch vorher?

A: Ja, aber jemand hat mir verraten, dass die Polizei mich heute Abend abschieben will. Dann bin ich einfach weggegangen. Das war eine ganz schwierige und stressige Situation.

Int: Und dann haben die Behörden direkt gesagt, du seist untergetaucht?

A:  Ja, für ein paar Tage untergetaucht, ich glaube 5 oder so. Deshalb wurde meine Frist auf 18 Monate verlängert. Ich war auf der Suche nach einem Kirchenasyl und letztendlich habe ich auch eine Kirche gefunden. Ich habe nicht aufgegeben.

Int: Wie kam es dann, dass du aus der Kirche weg musstest?

A: Also ich dachte, es ist sicher für 18 Monate in der Kirche, aber letztendlich war es unsicher. Die Ausländerbehörde des Kreises wollte mich nach Italien schicken. Deshalb musste ich mir was anderes überlegen. Es war nicht mehr sicher für mich in der Kirche zu bleiben. Deshalb musste ich wieder woanders untertauchen. Ich war nach 14 Monaten kurz vor dem Ziel und wollte das nicht aufgeben. Erst mal hat die Ausländerbehörde versucht, mich aus der Kirche rauszuholen und nach Italien abzuschieben. Aber sie hatten keinen Durchsuchungsbefehl und durften nicht reinkommen. Ich habe mit denen durch das Fenster gesprochen und sie mussten wieder gehen. Die dürfen nicht ohne Durchsuchungsbefehl in die Kirche reinkommen und jemanden rausholen und abschieben.

Int: Und dann wollten sie sich einen Durchsuchungsbeschluss besorgen, um dich abzuschieben?

A: Ja, genau. Wir waren uns zwar nicht sicher, aber wir konnten uns nicht darauf verlassen, dass es nicht mehr kommen. Ich wollte das Risiko nicht eingehen. Ich wollte den richtigen Weg gehen, der sicherer ist. Ich war in Gefahr und ich war unter Druck und total gestresst. Aber weißt du, mein Problem war, alle wussten nichts. Wie es geht und so. Und die Ahnung ist sehr wichtig. Also ich hatte eine Anwältin, aber sie wusste auch nichts. Sie dachten, dass vielleicht, wenn ich nochmal untertauche, sie werden die Überstellungsfrist nochmal verlängern. Informationen sind wichtige Sachen.

Int: Dann hast du ja einen Kontakt und Informationen bekommen und bist in ein Solizimmer gegangen. Wie war das für dich dann hier anzukommen?

A: Also durch das Telefonat mit den Informationen war ich einfach erleichtert. Also habe ich meinen Weg gefunden. Als ich das Telefonat geführt habe, war alles für mich klar: weitere Schritte und was ich machen soll. Am Anfang war es schwierig, weil ich eine lange Zeit in der Kirche und da nicht alleine draußen war. Jetzt dachte ich, vielleicht schaffe ich das nicht oder das ist gefährlich. Aber trotzdem musste ich das machen und durfte ich nicht aufgeben.

Int: Jetzt wohnst du ja hier ganz anders als in der Kirche. Vielleicht kannst du aus deinem Alltag erzählen.

A: Ich glaube für alle ist es am Anfang langweilig und schwierig. Aber man muss das verstehen, jetzt ist eine andere Situation und anderer Ort. Ich habe mir gesagt, jetzt muss ich aufwachen und nicht immer traurig sein oder stressig sein. Also habe ich mit einem Spaziergang angefangen und später bin ich Joggen gegangen. Das war super. Ich habe Bücher gelesen, Romane und Krimis, und sich zu unterhalten, ist auch sehr gut. Man muss rauskommen und sagen: „Hallo, ich bin da und werde auch mit euch reden.“ Man darf sich nicht immer zurückhalten. Das ist sehr wichtig.

Int: Du erzählst am Anfang war dir langweilig und du warst traurig. Kannst du erzählen warum das so war?

A: Ich war vorher in der Kirche und hatte dort viele Freunde und sie sind für mich sehr wichtig. Und jetzt ein neuer Platz, neue Leute, neue Situation. Ich durfte nicht mit den Leuten telefonieren oder irgendwie Kontakt aufnehmen. Das war schwierig. Und habe ich mich erst mal allein gefühlt. Das war nicht so schön für mich. Aber trotzdem hatte ich ein Ziel. Die 18 Monate durchhalten und mein Asylverfahren weiterführen. Und deswegen habe ich gesagt, es geht weiter. Wenn man das möchte, kann man das schaffen.

I: Wie versorgst du dich hier? Gehst du selbst einkaufen, kochst du selbst?

A: Hier entscheidet man für sich selbst. Man kann allein kochen, allein einkaufen. Manchmal habe ich für mich allein gekocht, manchmal zusammen oder manchmal habe ich für alle gekocht und habe Bescheid gesagt, jetzt habe ich gekocht. Wir haben auch zusammen gegessen.

Int: Hast du vorher schon mal so wie hier in einer WG gewohnt?

A: WG nicht, nur im Flüchtlingsheim. WG so nicht, deswegen war es für mich schwierig, als ich gehört habe, das ist eine WG. Habe ich gesagt, och nee. Ich habe ein paar Mal gefragt, wer sind die und wie viele Leute sind sie, aus welchem Land sind sie.

Int: Warum dachtest du vorher es ist schwierig?

A: Ich hatte es vorher erlebt. Ich war in einem Flüchtlingsheim und das war richtig schwierig. Es gab keinen Plan, alle waren unzufrieden, alle waren sauer oder traurig. Immer gab es schlechte Nachrichten, zum Beispiel ein scheiß Brief. Ich dachte vielleicht ist es hier genauso. Ich wusste nicht, wer die sind und deswegen habe ich mir gedacht, es gibt eine negative Atmosphäre und immer schlechte Nachrichten. Wenn man mit vielen negativen Leuten zusammensitzt oder zusammenwohnt, sowieso wird man auch ein bisschen traurig und depressiv oder sowas.

Int: Vielleicht kannst du nochmal ein bisschen was zum Wohnen hier sagen.

A: Am Anfang wusste ich nicht, wie soll ich mit den Leuten umgehen. Aber dann habe ich gedacht, die sind auch wie ich und wir können uns unterhalten und fragen. Also sie haben gefragt, möchtest du lieber allein kochen oder sollen wir zusammen kochen? Dann habe ich gesagt, wenn ihr damit kein Problem habt, können wir auch zusammen kochen. Und das finde ich echt total super. Ich habe richtig gute Gesellschaft und ich wollte auch dabei sein. Also ich konnte auch viel reden. Es ist nicht schlimm, wenn wir ein bisschen reden oder auch verschiedene Meinung haben. Weißt du, das ist schön. Das wird auch langweilig, wenn wir alle sagen, wir haben die gleiche Meinung und so. Dann denkt man auch alles ist ein bisschen komisch.

Int: Gab es Dinge im Alltag, die neu für dich waren?

A: Wie gesagt, ich war auch im Flüchtlingsheim und auch in meinem Heimatland hatten wir auch einen Putzplan. Zusammenarbeiten ist schön. Sauberkeit ist auch sehr wichtig für mich. Wir hatten hier einen Putzplan und sonst nicht so Regeln. Wir haben immer alles ganz easy zusammen besprochen und gesagt, ja jetzt machen wir sauber oder so. Miteinander reden, dann wird alles gut. Die Leute, die hier wohnen, die sind auch ein bisschen sensibel. Also das ist mein Gefühl. Bei mir ist ganz easy, weil ich rede und ich bin stärker ein bisschen. Weil ich habe daran gearbeitet, an meiner Seele. Also wenn jemand zum Beispiel ein bisschen sauer ist oder einen schlechten Tag gehabt hat, kann ich das auch verstehen und nicht direkt gegenseitig reagieren und sauer werden. Man kann auch sich selbst beschützen, wenn man sagt, ja hey sie ist sauer, ist ok, ist egal jetzt. Aber ich muss das nicht schlimmer machen. Vegan war ganz neu für mich. Also vegetarisch kannte ich, aber vegan und so nicht. Aber es war Fastenzeit und das hat gut gepasst. Fastenzeit und Vegetarisch das war gut.

Int: Aber ihr habt auch über andere Themen geredet, die neu für dich waren, oder?

A: Ja, politische Sachen. Das war für mich interessant. Politik, Menschen, Leben das sind drei Sachen, die sind total wichtig. Es ist schade, wenn man ohne Politik, ohne die Situation zu verstehen lebt. Was geht ab jetzt gerade, nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt? Warum sind viele Menschen unter Leid? Deutsche Sprache ist sehr wichtig. Wenn man nicht genug Deutsch kann, ist es schwierig. Das war für mich anders. Wenn ich Gesellschaft brauchte, komme ich rein und frage: Hey, was macht ihr und so. Oder ich sage einen Witz und mache so lustig. Aber viele Leute können das nicht. Deutsche sitzen oft und reden und wer kein Deutsch kann, kann gar nichts sagen. Weißt du, das ist auch gemein! Zum Beispiel kann ich auch gut Deutsch und in der Kirche gab es eine Gruppe, die sitzen zusammen und reden über mich, als ich da bin und die erzählen und sagen: Glaube ich Ahmad denkt so. Hallo?! Und die sagen: Ahmad, für dich so ist gut. Woher weißt du das? Bist du bei mir im Kopf, oder was? Die reden über mich und die planen für mich, wenn ich dabei bin. Das geht nicht, ich muss auch mitmachen.

Int: Wenn du allein bist, an wen kannst du dich dann wenden?

A: Viele Leute! Im Iran, in Deutschland. Das ist sehr wichtig, dass man sich mit Freunden unterhalten kann. Aber Telefonate sind nicht immer hilfreich. Das ist auch schön, aber das ist nicht genug. Man braucht auch Leute persönlich und Treffen und nicht immer nur Telefonate.

Int: Wenn du etwas gebraucht hast, konntest du immer Leute ansprechen?

A: Nein, ich glaube das ist echt schwierig. Nicht immer und nicht alle Sachen kann man sagen. Nicht jeder kann alles sagen. Es gibt verschiedene Menschen und verschiedene Meinungen. Manche Sachen kann man einfach nicht sagen. Dann ist es egal, ob Mann oder Frau oder Ausländer oder weiß ich nicht. Zu manchen Sachen sagt man: Hey, das sage ich nicht, ich habe meine Regeln. Aber wenn man befreundet ist, ist das was anderes. Es ist nicht wie, wir schützen dich und pflegen dich, wie ein Baby. Man muss das nicht merken, das Gefühl: Hey ich brauche die Leute. Wie Freunde hier wohnen, wie Mitbewohner und nicht sagen, das ist jetzt eine andere Person und wir sind andere Personen. Das Gefühl ist wichtig. Als Mitbewohner kannst du auch mal fragen. Fragen schadet nicht. Keiner wird sich beschweren, wenn man fragt: Kommst du mit, was hast du vor heute, gibts was Neues? Das sind normale Fragen.

Int: Du warst ja plötzlich in einer Situation, in der du Hilfe von anderen Menschen gebraucht hast, wie war das für dich?

A: Ja, das ist schwierig. Abhängig zu sein, das ist total schwierig. Alle sind nett und total super, aber weißt du, ich habe anders gelebt und gewohnt. Das war für mich schwierig auf einmal abhängig zu sein. Ich darf nicht arbeiten oder Geld verdienen oder in der Kirche auch nicht rausgehen oder einkaufen. Ich musste einen Zettel schreiben, was ich brauche, was ich esse. Die Leute kamen zu Besuch und sagten Ahmad, wenn du was brauchst, kaufen wir das. Wir kaufen dir das, das ist egal, wir machen das gerne für dich. Aber trotzdem habe ich nein gesagt. Ich habe immer versucht das zu reduzieren. Und hier deswegen habe ich auch gesagt,ich brauche kein Geld als ich ins Solizimmer kam. Ich hatte noch etwas Geld und ich habe versucht für diese Zeit mit dem Geld zu leben. Ich wollte mit euch als Freunde zu Besuch sein. Was war für mich schön, jetzt Freunde zu sein. Ich habe hier gute Freunde gewonnen. Das ist für mich schön.

Int: Glaubst du, es ist schwieriger Freunde zu werden, wenn man sich Geld gibt?

A: Ja schon. Aber trotzdem kann man das auch. Wenn man keine Alternative hat, geht das auch. Aber ich konnte das schaffen ohne Geld zu bekommen. Und Vegetarier zu sein ist auch schön, das kostet nicht so viel. Also ich esse total gerne Fleisch. Ich habe da meine Regeln und ich habe mir gesagt, nein das brauche ich nicht und das schaffe ich allein. Ich wollte das allein schaffen, das war für mich auch wichtig. Das ich mit diesem Geld klarkomme und auskomme.

Int: Würdest du sagen du kannst ein selbstständiges Leben hier führen, obwohl du untergetaucht bist?

A: Ja. Das wollte ich auch! Manche Leute, die mich nicht so lange kennen, dachten, dass ich total abhängig bin und ein bisschen verwöhnt bin. Das wollte ich klären. Deswegen habe ich gesagt, ich kann das allein und ich bin nicht so. Ich kann Sachen vermeiden wie zum Beispiel Fisch oder Fleisch und mit wenig Geld kann ich auch klarkommen. Das ist egal. Für mich ist Freundschaft wichtig und nicht Geld oder so. Zum Glück war ich nie krank. Ich war sehr vorsichtig. Habe mich zum Beispiel immer warm angezogen. Ich habe auch viel Sport gemacht.

Int: Kannst du erzählen, wie es für dich mit der Sprache war, wie du Deutsch gelernt hast und warum das wichtig war?

A: Also die Sprache ist total wichtig. Ohne die Sprache zu können, kann man auch keinen Kontakt aufnehmen. Ich kann nicht mit dir reden und wir können einander nicht verstehen. Es gibt immer Missverständnisse. Wenn ich kein Deutsch kann, ist es schwierig und ich genieße die Zeit nicht mit dir. Wir reden, alle reden, alle lachen und ich verstehe gar nichts. Das ist total schwer. Ich sitze nur dabei und ich genieße die Zeit nicht. Das ist total schwierig. Es war mein Ziel, Deutsch zu lernen. Also ich habe immer zugehört. Egal wo oder wie. Das war sehr wichtig und hilfreich. Ich habe versucht, ins Gespräch zu kommen und einfach zu reden. Egal, dass ich es falsch sage oder falsche Grammatik habe oder so. Das ist egal, Hauptsache du redest. Ich habe auch viele Bücher gelesen und überall, immer zugehört, zum Beispiel auch im Radio. Ich habe gefragt, was ist hier in Deutschland sehr wichtig. Ja, Politik ist sehr wichtig, dann muss ich auch Politik und Wörter, Stichwörter lernen und ein bisschen nachgucken. Das war am Anfang genauso. Zum Beispiel wollte ich zu Bank und dann habe ich vorher im Internet nachgeguckt, was braucht man in der Bank, was fragen sie, was soll ich antworten. Geschrieben habe ich nicht so viel. Das war schade, aber Schreiben ist super und wie gesagt, Stichwörter und du musst immer lernen. Viele Leute wollen nur die Prüfung schaffen. Das ist falsch!

Int: Hast du dich während deiner Zeit im Solizimmer sicher gefühlt?

A: Ja, wenn man normal ist und so. Am Anfang hatte ich viel Angst gehabt. Deswegen konnte ich nicht rausgehen, also wollte ich nicht. Also zum Beispiel hat mein Mitbewohner gefragt, warst du draußen, wie war dein Tag? Und dann habe ich gesagt: Nein, heute wollte ich nicht gehen. Ich dachte: Hey, wenn die mich auf der Straße schnappen, das ist auch total blöd. Aber nein, wenn man normal ist und die Regeln kann, dann ist es ok.

Int: Welche Regeln meinst du zum Beispiel?

A: Zum Beispiel nicht ängstlich oder verrückt sein. Wie ein ganz normaler Mensch laufen und gehen. Wenn du zum Beispiel betrunkene Menschen siehst, musst du auch weg, also woanders hingehen. Du musst versuchen, den Leuten nicht zu begegnen. Wenn die Leute alle betrunken waren und jemand was sagt, habe ich auch nicht zurück geantwortet. Lieber kein Streit oder so.

Int: Gibt es irgendwelche Sachen, die du normalerweise machst, aber gerade lieber nicht?

A: Zum Beispiel gestern habe ich auch gemerkt, als wir mit dem Fahrrad unterwegs waren, und wir hatten Recht. Die Ampel war grün, aber manche Autofahrer sind ein bisschen bekloppt. Die haben ein bisschen unseren Weg versperrt. Da dachte ich, wenn es jetzt einen Unfall gibt, muss ich einfach weglaufen. Ich muss immer lieber vorsichtig sein. Wenn ich allein gewesen wäre, hätte ich gewartet, obwohl grün war. Man muss die ganzen Regeln wissen. Immer sagen, lass die Leute vorgehen oder so. Du schützt dich selbst, wenn du das machst.

Int: Du hast gesagt, am Anfang bist du gar nicht raus gegangen aus Angst. Wie ist diese Angst besser geworden, was hat dir geholfen?

A: Also am Anfang, ja, war es schwierig. Immer zu Hause bleiben, das schaffe ich nicht. Ich werde verrückt, wenn ich immer hierbleibe. Das geht nicht. Erst mal bin ich dann mit anderen Leuten zusammen draußen gewesen. Das war ganz easy, wir haben was getrunken oder draußen gespielt. Weißt du, das war ganz normal. Wenn ich mit anderen Leuten draußen war, war das für mich einfacher. Wenn zum Beispiel Polizei kommt oder so, sie können auch direkt die Polizei ansprechen und ich muss das nicht. Ich kann das zwar auch, aber dann fragen sie direkt nach meinem Ausweis und dann kann ich mich nicht ausweisen. Das ist das Problem. Ich war einmal mit einer Freundin mit dem Auto unterwegs und sie konnte nicht so gut Autofahren. Und auf dem Rückweg habe ich gar nichts gesagt. Da hatte ich Angst. Die Freundin wusste auch nicht alle Regeln und ein Polizeiwagen war auch unterwegs. Ich hatte Angst, dass die Polizei zu uns kommt.

Int: Ist das immer so, wenn du Polizei siehst, dass du Angst hast, dass sie kommt?

A: Am Anfang hatte ich immer Angst. Ich war total unter Druck. Weißt du, die Polizei war auch mal bei mir, also in der Kirche und wollte mich abschieben. Und ich war da nie allein draußen, ich war lange Zeit in der Kirche. Aber wenn man plötzlich in einer normalen Wohnung untertaucht, ist das ganz anders. Ich war gestern draußen und heute war ich auch draußen. Bis heute hat mich keiner nach meinem Ausweis gefragt. Die Polizei, sie war neben mir und haben auch nichts gefragt. Also ich war immer normal. Es ist auch wichtig, dass man gut gekleidet ist. Ja, also die fragen dann nicht.


“To look for a place to sleep is always on your mind.”
Mohamed’s experience with soli rooms

I lost my job and my bed at the same time. So I was living on the streets. It was fucking cold, because it was winter. I slept often in the night buses from final station to final station changed the bus and went back. So the bus was my flat. Then I met a guy and he gave me the address of this group; they help you to find a place to sleep. There I found a bed sometimes for one night, sometimes for one week. But they are only open 3 days the week (Mo, We, Fr) for 2 hours. So in between I spent the nights on the streets or spent them in the game center without sleeping, because they wake you up and you have to leave, if you are sleeping there. But there was free water and tea and a toilet. That’s a big problem on the street, if you don’t have money for the city toilet, also to shower or washing your cloth.
To look for a place to sleep is always on your mind. You cannot come down. I was crying a lot. If you have a place for longer you can concentrate on your things – looking for a job, organize your papers, live your life…
The people at the places were nice every time, offered me food and so. When I was there longer than a night, I cooked for myself. They were interested and asked me what I do and where I’m from. So I told them my story. Sometimes I was tired, but they helped me and wanted to know, so how can I not tell them?
Once I got another address for sleeping. It was in a catholic church. But they are only open between 9:30 pm and 6 am. Then you are on the street and nothing is open. That’s hard. But usually I got no other information from the places.


„If I go to the doctor alone they treat me bad, if I go with German speaking friends, they just treat you good.“
Interview Mehrzad

Int: Can you explain the different housing situations you stayed in, since you came to Germany?

M: I just realize now that I have different experiences: from Wagenplatz to a houseproject to a normal flat. I was lucky when I came to this city, because I already knew friends and they told me to come. I have never seen a Wagenplatz in my life. It was the first time. We went to this gate and I saw the big huge gate and I saw a Wagen. I was like, What? Maximum I will stay here for one month. Then we went inside and when I opened a Wagen it was completely real, with a kitchen inside, bed, oven, wood and other stuff. After a couple of days, I really liked it.

Int: For how long did you stay there?

M: One year and a half.

Int: And at all the time it was a ‘Soliroom’, so you didn’t have to pay rent or something like that?

M: I paid nothing: food, rent, internet and everything was for free and also drinks.

Int: At that time, did people who were supporting you also give you pocketmoney?

M: No, but they gave me jobs. Not every time, but sometimes you can get work, black work. They know and tell you. One friend was doing construction work: building houses and renovating old houses. So when they were just removing stuff, she called me. And one other friend sometimes found me a job to translate from English to Arabic or to write E-Mails in Arabic for an organisation. For me it was not so long without a permanent work. I think, after 6 or 7 Months I had a job as a bouncer. It was without official papers, but I was paid 14 Euro per hour. I was getting so much money. I didn’t have this problem with work, because I had connections. The people there they have the connection, because they grew up in this town and they know everyone.
The Wagenplatz was so huge, with nature and animals. So you have real freedom there. One of the problems was the relationships. They had conflicts, because they were so many couples together. So when they have a conflict and you are friend with one of them, you are an enemy to the other one. That started to really annoy me. One time it got bigger. Then there were two groups that started to hate each other. Then I was like, ok I think time to move out.

Int: You already said that you had never seen a Wagenplatz before. Where there also things, about how the life there was organized, that were new to you?

M: Yes, I didn’t know anything about vegan or vegetarian. I was like: What the fuck are they talking about?! The first time I went there (they share the kitchen) they told me, you are not allowed to cook meat here. So I was like: Okay yeah, maybe I will cook it outside. No, even outside it was not allowed. They said, we are vegan/vegetarian here. I was like: Okay, come on I don’t understand what’s the fucking problem about it.
Like I told you most of the people there are feminists. There were only 3 men living there. It was really hard for me to deal with the people there. After so many problems happened there, I decided to move out. I was already having so much stress in my life, why do I need more?
Then I just moved out. I asked a friend and she said you can come to stay at our house. It’s a housing project. I was lucky because at the time I came there 3 rooms were free. I stayed there 9 months, but from the beginning it was not nice.

Int: Was it also a soliroom there or did you pay rent?

M: I paid rent and I paid 50 Euro for food. Also, there sometimes they had strict rules, like cleaning, for example cleaning shifts for the bathroom or a big, big shopping once a month. Most of them use cars, but if it comes to me, I don’t have a car. So with one shopping I had to do it in 6 or 7 times. It was too much! And we had to bring bread from a Solibakery. So every weekend someone should go there one or two times to pick up the bread. So for me it was too much. Especially, because all this stuff happens on weekends, when I work too. So I didn’t want to do it, I needed to sleep, because I have long shifts on all the weekends. They didn’t respect that. They were like, we don’t care, just do it. It started to be a conflict all the time. You clean… They just like to criticize after you: you didn’t clean well; you should do it again… Sometimes I was like: Okay and sometimes I was pissed, and I said: No, I will not do it. When you have some people in the house, who have lived there for a long time, they think they own the house. So there is one group and they decide everything. And I know from their meeting from a friend, that they were talking about me in the meetings and they were saying some bad stuff about me.

Int: So there were regular house meetings? Did you have to attend them?

M: Yes, there were meetings every Sunday. I was not allowed to go there. I was not one of the people who build the house, like who are the project. This is what decides, if you can come to the meetings or not.

Int: So you were not seen as a real part of the project?

M: No nothing. It got worse with time. In the beginning I was not allowed to use the kitchen. So for the first month I didn’t use the kitchen. I needed to go outside to buy my food and eat outside. Then after one moth I talked to friends, that it’s too much for me to keep buying food from outside. She said: Yes, you can use the kitchen, but you should pay 50 Euro for food. The food they just bring it from the trash of the supermarkets. Most of the food has expired. And they took 50 Euros, I was like: Why? The bread and the food they have for free. The question was, why I should give 50 Euro. This was making me angry. Give me a reason; Where is this 50 Euro going? Then I can even give 100 Euro. They were like: No, it’s a rule, if you don’t want it, get out. I had no options where I will go. Then I said: Okay, let’s be patient, until I find something. Then I was looking and looking, and it didn’t work. Because you know I went to houses for example with three women and when they saw me, they were like ah Mehrzad, ah Marokko. No way!

Int: You told me before, that in this houseproject you also had discussions and conflicts about political things. So maybe you can tell me some of the subjects.

M: There was one issue. One guy was an anarchist and the others were feminists. And they were having some conflict about political stuff. The guy he was also Arabic and Egyptian. So because we speak the same language they were thinking, that I am with him. They were thinking that I support his beliefs. It’s like both of you. The other guy told them, this is not freedom here, like freedom of opinion, like to say whatever you want. Accept other opinions. They decided, not to talk to him until he moves out. And it was the same with me during this last two months. So if I said: Hi. No one would answer me. When I went inside the kitchen, they left the kitchen. So for me it was like the fucking hell. Seeing these people all day, but you don’t talk to them. You can see in the faces, that they don’t like you.
It started with the kitchen issue, when I asked them, why I should give this 50 Euro to you, they didn’t accept it. They were like they were doing me a favour to let me live there. So I don’t need to complain about anything. So if you complain about something, they don’t accept it. Because they thought they
were already doing me a favour. And I was paying, that’s the funny thing. I was paying the same rent than the other people. This is why I was angry with them. They only accepted me there, because they did a favour to a friend, not even to me. It’s just because my friend asked them to do that. It was a bad experience for sure.

Int: So you started searching for a new place and you moved into a flat?

M: Yes, a normal one.

Int: Can you explain what a normal flat means to you?

M: Okay, a normal flat is not political inside the home, like no political talking, no force to do meetings. We can talk when we meet or not. So if you want to do something or someone needs to clean something, we just write it on a paper and leave it in the kitchen. When you come inside the kitchen, you will see it. So this is nice. We don’t share the food. Everyone is allowed to cook meat. You can buy whatever you want, store in the fridge whatever you want. This is not too much pressure on you. The people work. So we don’t see each other too much. So we stay in distanced relationships. Normally we just talk some stupid stuff, when we meet: about the weather, how was your shift… they never start to discuss deep stuff with you, like political stuff or ask you how you believe or how Muslim stuff is for you. And also you can invite your friends. In the housing project even sometimes, it was not allowed to invite people inside. Also the shopping for the food we only do it for ourselves here. For me and for the other people, who live here, it’s better. Because two people only eat Bio-Stuff, for me I can’t pay Bio-stuff. One guy is working as a chef. So he is having food for free from the restaurant. So it would never fit to buy things together.

Int: Maybe one more general question. Were there other things except finding a room, that were difficult in the all-day life, like for example police check-ups?

M: For sure! Especially because of deportation. So I don’t use S-Bahn and I don’t go out in the night. If I go out, I only go with friends. At home I was not afraid. Especially the Wagenplatz was so huge. So even if police comes, they would never find me there. For me this was a safe place. My friends they had this alarm. If they saw the police coming, they used this alarm to inform everyone. I could just run away from the backyard.
I also never hung out with other Arabic people, because of this. Arabic people are magnets for the police. So most of the time I chilled alone. The problem is: I don’t speak German. One of the most important things is the language. I’m still suffering from the language. One of the big, big problems is the language. I was paying private school. But the problem is, it’s really hard to get this level and people don’t respect you, if you speak English with them. So if I go to the doctor alone they treat me bad, if I go with German speaking friends, they just treat you good.

Int: What about things like language school, getting to know what’s important, did people explain this to you?

M: Not really. One close friend told me to avoid some train stations. Train stations that are known to be a point for the police, where they control every day. I learned from my life! I use my experience and what I hear from people. I prefer the bike, even if I ride for two hours, but I don’t have to deal with police. I put the light on and not give them any excuse to stop me.

Int: Did you have medical problems in the time you stayed here without papers?

M: I was sick with my stomach, but I didn’t go to the doctor. I don’t have papers, so I need to pay money for treatment.


“It is really a life changing and a potential turning point.”
Werede’s experience with soli room

I used to live in the Asylheim after seeking for asylum. In this place we are totally isolated from the outside normal world. It is in the middle of the forest. The area has no good means of transport, the shopping center is very far and to make the matter worse is a Naziterritory. That denies you every right to move, stay and live freely. It is also advantageous to the migration office since it’s easier to deport someone since according to their politics we are illegal. That enough gave me a feeling like I’m in a prison leading to stress. I saw some of my mates being depressed which always resulted in a bad ending. Since everyone is entitled to live a free life and rightful to make your own choice, I had to move to Berlin to try to turn the tables around. It is not easy especially if you don’t know anyone, but I was lucky I knew some people who were willing to host me. So I was moving from one place to another until when I got my own WG. I thought that was the end of my problems, but I didn’t know there is always a new Sudoku to fill. Living with a friend or a WG is also sometimes difficult knowing that you are living in their flat. You have to live according to their conditions, emotions and rules (either good or bad). Not only once I slept at the park after been kicked out of the housing without any notice. So I don’t get a free mind to think and put myself together. This one time an old friend who was also once in the same situation, directed me to the housing project where he also once took refuge. I had to live in the soli room for two weeks where I at once felt safe and on a free platform for gathering myself. From there I got another WG where I lived for more than six month and got a job. Then my renter claimed her room back again with no notice, with no other option. Since nowadays getting a place to rent is not easy, I had to run for help again at the soli room. There again I had a second chance to gathering myself peacefully for two weeks. This time I was lucky to move in into the same house permanently. According to my experience in the soliroom, it is really a life changing and a potential turning point. It gives you a platform where you can think freely and can buy you time to think in a safe environment and in a peaceful atmosphere. For me soli room saved me not only once but twice – gave me an opening to my life. Thanks to soli room project and hope they have done and will do the same to many in need.


„Ich hatte keine andere Wahl als euch.“
Interview Bachir

I: Also du bist zu uns gekommen, weil du ein Problem mit Dublin hattest?

B: Ja richtig.

I: Magst du mal erzählen, wie es für dich war zu wissen, du musst eigentlich nach Italien zurück?

B: Also Italien ist sehr schwer. Ich kenne da niemanden und wohne auf der Straße, das ist sehr, sehr schwer. Ich wollte nicht zurück, weil hier habe ich Freunde und es ist alles gut. Ich bin mit dem Boot über Italien und dann mit dem Zug nach Deutschland gekommen. Ich war circa zwei Wochen in Italien.

I: Und wie lange warst du dann in Deutschland?

B: Ich war sechs Monate in einem Dorf. Und dann habe ich ein Dublin-Verfahren bekommen und die Polizei hat gesagt, ich muss nach Italien zurück.

I: Wie war das für dich?

B: Oh, das ist schwer. Ja, sehr, sehr schwer, weil ich weiß, was in Italien ist und dass es da nicht gut für mich ist. Und ich bin schon sechs Monate in Deutschland. Das ist schwer. Sehr schwer.

I: Und dann haben wir uns kennengelernt. Eigentlich über einen Freund von dir.

B: Ja das stimmt, aber mein Freund ist schon fertig mit Dublin.

I: Und dann warst du bei uns. Und wie war die Zeit als du bei uns warst? Hattest du Angst oder Sorgen? War das schwer?

B: Ja, ich hatte viel Angst, sehr viel Angst und ich war sehr traurig und durcheinander. Ich dachte, jetzt bin ich in Deutschland und es ist alles in Ordnung. Aber dann habe ich dieses Dublin. Das hat mich wirklich verrückt gemacht. Ich denke immer, was soll ich in Italien? Aber ihr habt gesagt, dass ihr mir helfen wollt und habt das auch gemacht, ging es mir langsam, langsam besser. Und jetzt geht‘s mir gut.

I: Und wo hast du da gewohnt?

B: Zuerst habe ich bei Johannis gewohnt für drei Monate. Aber das Zimmer dort war nur zur Zwischenmiete und deswegen musste ich umziehen. Dann bin ich in eine andere WG gezogen. Wir haben dort alle zusammengewohnt, für sechs Monate.

I: Und wie war das für dich, dass du umziehen musstest?

B: Ja, das ist schwer, aber ist okay. Weil ich habe kein Zimmer und keine Wohnung. Wenn Leute sagen, dass ich zu ihnen kommen kann, dann mache ich das, weil ich kann nicht draußen wohnen. Aber es ist schwer. Aber weil ich dort, wo ich hin gehe, ich die Leute nicht kenne. Ich glaube zwar, dass sie nett sind, aber ich kenne sie nicht. Aber nach einer Woche dort ging‘s mir gut. Aber nur ein paar Tage hatte ich Angst.

I: Und hast du in der Zeit dir viele Gedanken gemacht oder hattest du da viele Sorgen?

B: Nein, da hatte ich keine Angst und keine Sorgen. Gar nicht. Es war alles gut. Ich bin zufrieden, weil ich hatte ein Zimmer und wir kochten oft zusammen. Das war sehr cool und ich hatte keine Angst mehr. Ich habe mich in diesem Moment sicher gefühlt, weil wir zusammen waren und die Leute mir helfen wollten.

I: Und hattest du in der Zeit Geld?

B: Ja, ich habe Geld bekommen, jeden Monat von euch. Es war am Anfang 100€.

I: Wie war das für dich von uns Geld zu bekommen? War es genug oder zu wenig?

B: Ja, das ist für mich sind 100€ ein bisschen wenig. Aber es ist nicht mein Geld. Es ist eine Hilfe. Egal was du hast, ob du fünf Euro oder zehn Euro hast, ist nicht wenig. Aber normalerweise ist das wenig. Aber für mich nicht. Ich bedanke mich immer bei euch, weil es euer Geld war und es eine Hilfe ist. Davon konnte ich mir Essen und Kredit (Handyguthaben) kaufen.

I: War das für dich schwierig, dass du von uns, deinen Freunden, Geld bekommen hast? Wäre es leichter von jemand anderem Geld zu bekommen?

B: Für diesen Moment habe ich nicht darüber nachgedacht, weil meine Situation ist sehr schlecht. Ich habe gar keine Papiere und es war alles kaputt und ich hatte keine andere Wahl als euch.

I: Und wusste deine Familie über deine schwierige Situation Bescheid?

B: Nein, meine Mutter wusste das nicht, weil in Guinea ist es nicht wie hier. Wenn du sagst, du bist hier, aber deine Situation ist beschissen, dann machen sie sich große Sorgen und haben viel Angst. Deswegen habe ich gesagt, dass es mir gut geht, ich mit netten Menschen bin, aber im Moment nicht arbeite. Aber das Freunde mir helfen.

I: Und deswegen musstest du deiner Mama kein Geld geben?

B: In dem Moment nicht, ab und an habe ich ihr 20€ gegeben, weil meine Eltern haben in Guinea keine Arbeit. Das ist zwar auch wenig, aber besser als nichts.

I: Und war das schwierig deiner Mama nicht die Wahrheit zu sagen?

B: Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht mit dem Asyl bin und dass das fertig ist, aber dass ich mit guten Leuten bin und mir nichts passiert.

I: Als du noch in der anderen WG gewohnt hast, was hast du da jeden Tag gemacht?

B: Da jeden Tag ich lerne mit den zwei Mitbewohnern. Zu der Zeit war sehr schwer. Ich konnte gar nicht schreiben und kein Deutsch. Und die beiden haben viel mit mir geübt. Dann bin ich zum kostenlosen Deutschkurs gegangen. Aber das hat gar nichts gebracht, die waren sehr schlecht.

I: Und hattest du manchmal Langeweile?

B: Ja, da war‘s schon manchmal ein bisschen langweilig. Aber nicht viel, weil ich mit euch war und sicher war. Aber ich hätte gerne gearbeitet und alle anderen waren arbeiten. Dann habe ich manchmal gedacht, vielleicht muss ich gehen und es woanders probieren.

I: Und wo wärst du hingegangen?

B: Das weiß ich noch nicht, soweit habe ich nicht gedacht. Aber ich wollte bei euch bleiben.

I: Wenn du dir aussuchen könntest in der Zeit, wie du wohnen könntest, hättest du gesagt, dass du lieber allein in einer Wohnung wohnen möchtest, oder war das gut in einer WG zu wohnen?

B: Ich möchte nicht allein wohnen. Ich möchte immer mit jemandem zusammenwohnen. Für mich allein ist langweilig. Ich möchte immer in der jetzigen WG wohnen. Ich bin gerne mit Menschen zusammen.

I: Und war das manchmal schwierig, dass alle Leute Deutsch gesprochen haben und du noch nicht so viel verstanden hast?

B: Nein, das ist nicht langweilig. Ich bin nun mal hier und möchte immer hören. Dadurch kann ich besser verstehen. Oft ist das schwer, weil ich nichts verstehe. Aber mit der Zeit wurde es besser. Ich weiß, dass ihr Deutsch gesprochen habt und das eure Sprache ist.

I: Hattest du in der Zeit Freunde?

B: Ja, euch hatte ich. Andere hatte ich nicht. Nur euch.

I: Und war das manchmal schwierig nur uns zu haben?

B: Nee, das ist nicht schwer. So ist das Leben. Es ist gut, auch andere Leute zu kennen, aber ihr seid meine echten Freunde.

I: Hast du manchmal das Gefühl gehabt, dass du abhängig von uns bist? In deiner Situation haben wir ziemlich viel über dein Leben entschieden. Wie war das für dich?

B: Für mich war das kein Problem. Immer noch brauche ich Hilfe von euch und ich könnte es niemals allein machen. Aber ihr wisst alles und was das Bestein meiner Situation ist. So funktioniert Hilfe nun mal, dass muss man akzeptieren. Für mich ist das nicht schlimm.

I: Und dann gab es eine blöde Situation, als die Polizei dich erwischt hat.

B: Ja, das hat mich verrückt. Ich wollte am Abend weg gehen, zum Deutsch lernen mit Julian. Ich bin extra einen Weg gegangen, der ruhig ist. Aber dann kam die Polizei und hat mich nach meinem Ausweis gefragt. Ich habe gesagt, dass ich keinen Ausweis habe. Ich hatte viel Angst euch ein Problem zu machen, weil ihr mich versteckt habt. Dann habe ich nichts gesagt und die Polizei hat mich mit auf die Wache genommen. Sie haben mir viele Fragen gestellt, wo ich wohne z.B. Ich habe gesagt, dass ich auf der Straße wohne. Dann haben sie gefragt, wo ich herkomme und ich habe gesagt, das sich aus Italien komme.
Dann haben sie mir gesagt, dass ich nach Italien zurück muss, ob ich will oder nicht. Dann sind wir direkt mit dem Zug vom Bahnhof nach München gefahren. Es waren vier Polizisten dabei.
Aber als in München die Tür aufging vom Zug, bin ich gerannt. Die Polizisten sind hinter mir hergelaufen. Aber leider, weil ich mich in München und am Bahnhof nicht auskenne, haben sie mich gefasst. Dann haben sie mir Handschellen angelegt. Ich wollte die ganze Zeit euch anrufen, aber das haben sie mir nicht erlaubt. Erst in Italien konnte ich anrufen. Die Polizisten sind mit mir bis zur Grenze gefahren und haben mich in Italien rausgelassen.

I: Und haben die Polizisten überprüft, ob du wirklich ein Dublin in Italien hast?

B: Ich hatte keine Fingerabdrücke in Italien und sie haben mich nur über Italien ausgefragt und in welchem Camp ich war und deswegen haben sie mich abgeschoben. Dann war ich in Italien, das war kurz vor Weihnachten und ich habe euch angerufen. Ich habe ein paar Tage auf der Straße gewohnt. Aber zwei alte Mitbewohner haben mir einen Ort zum Schlafen für 3 Monate organisiert. Aber nach 3 Monaten konnte ich nirgendwo mehr wohnen. Manchmal habe ich bei Freunden geschlafen, aber oft nicht.

I: Und hat dir jemand Geld gegeben dort?

B: Ne, keiner hat mir Geld oder Arbeit gegeben. In Italien gibt‘s keine Arbeit. Sie haben alle gesagt, wir müssen nach Deutschland gehen zum Arbeiten.

I: Und was hast du gegessen?

B: Ich war bei der Caritas. Aber das war auch sehr schlecht. Nach den 3 Monaten bin ich in eine andere Stadt in Italien gegangen, weil Julian mir dort etwas organisiert hatte, wo ich 6 Monate in einem Camp wohnen kann. Dort habe ich meine Papiere bekommen. Ich habe, ohne es zu wissen, einen Aufenthalt in Italien bekommen. Aber ich wollte zurück nach Deutschland kommen.
Was soll ich in Italien? Ich kann meine Papiere da nicht essen. Deswegen bin ich wieder zurück nach Deutschland gekommen. Jetzt mache ich in Deutschland ein FSJ. Ich wollte nicht unbedingt Altenpflege machen, aber jetzt gefällt es mir sehr gut. Aber ich weiß, wie viel Arbeit ihr dafür gemacht habt. Aber mit meiner Sprache und dem Schreiben ist immer noch schwer.
Aber egal was kommt, ich gehe nicht zurück nach Italien.