Praktische Tipps

Wohnen

Für Illegalisierte ist es in der Regel nicht möglich, Wohnraum anzumieten. Die Gründe dafür sind vielfältig: Angst vor Weitergabe der Personalien, Meldepflicht, keine finanziellen Mittel und kein Nachweis über ein geregeltes Einkommen. Wobei hier festzuhalten ist, dass Vermieter*innen nicht den Aufenthaltsstatus der Mieter*innen abfragen müssen.
Wenn Menschen ohne Papiere keine Möglichkeit haben, bei Angehörigen oder Freund*innen unterzukommen, droht meist die Obdachlosigkeit. Um dies zu verhindern, besteht die Möglichkeit der anonymen kostenlosen Unterbringung in Wohnungen oder WG-Zimmern – auch Solizimmer genannt.
Im besten Fall steht ein freies Zimmer zur Verfügung, für das keine Miete gezahlt werden muss. Möglich wäre dies z.B. bei Eltern mit einem Haus oder einer Wohnung, deren Kinder bereits ausgezogen sind. Vielleicht verfügt auch die örtliche Kirchengemeinde über eigene Räumlichkeiten, die die Möglichkeit einer Unterkunft bieten.
Bei Wohngemeinschaften ist es wichtig zu beachten, dass sich die illegalisierten Personen meist nicht wie andere Mitbewohnende explizit für ein WG-Leben entscheiden und eventuell gar nicht an einem Gemeinschaftsleben interessiert sind, sondern ggf. eher Zeit für sich allein im eigenen Zimmer suchen. Andere haben hingegen Lust auf lockeren Austausch, aber möglicherweise keine Erfahrungen darin, was es heißt, gemeinschaftlich bzw. eigenständig zu wohnen. So passen die Vorstellungen des Zusammenlebens je nach Personen mal mehr und mal weniger gut zusammen.
Darum macht es generell Sinn, sich im Vorhinein über Ansprüche, Wünsche, Bedenken und Kapazitäten auszutauschen und zu kommunizieren, wie das Gemeinschaftsleben organisiert ist und welche Erwartungen es gibt: Wie wird eingekauft? Gibt es einen Putzplan? Wird im Stehen gepinkelt? Welche alltäglichen Hausarbeiten werden erwartet? Welche Essgewohnheiten gibt es? Wie wird gekocht?

Darüber hinaus kann von Seiten der illegalisierten Personen Redebedarf über ihre psychisch belastende Situation bestehen. Hier kann es sinnvoll sein darüber zu reden, inwieweit von wem emotionale „Care-Arbeit“ geleistet werden kann und einen Austausch über Grenzen und Überforderungen der Mitbewohnenden zu haben.
So ist es generell sinnvoll, vorher zu klären, wer in der WG oder dem Haushalt Ansprechperson für die Person ohne Papiere ist, wenn es Fragen oder Probleme gibt. Dies sollte möglichst zu Anfang transparent gemacht werden. Falls es eine externe Unterstützungsgruppe oder Personen (siehe Kapitel 3.6) gibt, können diese auch zu Beginn vorgestellt werden. Dadurch können Situationen vermieden werden, in denen Mitbewohnende von Fragen oder Aufgaben im Alltag „überrumpelt“ werden.
Außerdem ist es hilfreich, anfangs klar zu kommunizieren, wie lange ein Zimmer angeboten werden kann und wer für die Finanzierung der Miete und ein mögliches Taschengeld zuständig ist. Zudem ist es wichtig zu klären, welche Sprachen die illegalisierte Person spricht und möglichst darauf Rücksicht zu nehmen. So passieren diese Gespräche bestenfalls mit Übersetzung in die jeweilige Erstsprache. Wenn es keine gemeinsame Sprache gibt, ist es hilfreich ggf. eine*n Übersetzer*in anrufen zu können. Falls größere Herausforderungen beim Zusammenleben aufkommen, kann es zudem hilfreich sein, eine externe Moderation oder Mediation hinzuzuziehen.
Unterstützung von externen Personen oder Gruppen kann auch bei Themen relevant werden, die das Zusammenwohnen indirekt beeinflussen: Der Aufenthaltsstatus und die Perspektive der Menschen ohne Papiere, Angst vor Kontrollen und Abschiebung sowie andere psychische Belastungen.
Auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen, die das Zurverfügungstellen von Wohnraum für Illegalisierte durch Supporter*innen haben kann, wird in Kapitel 3.7. eingegangen.

Arbeit

Die rechtliche Situation in puncto Arbeit ist so eindeutig wie aussichtslos: Illegalisierte Menschen dürfen in Deutschland nicht arbeiten. Der Zugang zu einem regulären Arbeitsverhältnis mit allen dazugehörigen arbeits- und sozialrechtlichen Standards wird ihnen verwehrt, da sie nicht über einen dafür benötigten Aufenthaltstitel verfügen (§4 Absatz 3 Aufenthaltsgesetz). Nehmen sie dennoch eine Beschäftigung auf, liegt eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit (im Sinne des §404 Absatz 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch III) vor. Bei „beharrlicher Wiederholung“ kann ein solches Handeln auch als Straftat verfolgt werden (§11 Absatz 1 Nr. 2b Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz).
Gleichzeitig haben wir die Erfahrung gemacht, dass es für die meisten Menschen ohne Papiere in unserem Umfeld ein zentrales Anliegen war, einer bezahlten Arbeit nachzugehen. Für einige war die Perspektivlosigkeit auf dem Arbeitsmarkt ihres Herkunftslandes ein wichtiger Migrationsgrund, wenngleich ihre Entscheidung nicht alleine darauf zurückgeführt werden kann.
Illegalisierte Menschen finden in Deutschland – wenn überhaupt – häufig in der Dienstleistungs- und Baubranche sowie in privaten Haushalten Arbeit. Sie erhalten oft keine angemessenen Löhne und arbeiten unter Bedingungen, die mit geltendem Arbeitsrecht nicht vereinbar sind. An Jobs gelangen Menschen ohne Papiere meistens durch bereits am jeweiligen Ort lebende Bekannte und Familienangehörige. Dementsprechend ist die Wahrscheinlichkeit einen Job zu finden sicherlich stark von den jeweiligen Begleitumständen abhängig. Hier spielen neben den persönlichen Kontakten und bereits am Ort existierenden Netzwerken sicherlich auch Sprachkenntnisse eine Rolle. Außerdem sind Anzahl und Art möglicher Jobs stark ortsabhängig – die Situation in einer Großstadt ist eine andere als in ländlichen Regionen. Ob und welche Rolle der Unterstützer*innenkreis bei der Arbeitssuche spielen kann, ist daher abhängig von den örtlichen Gegebenheiten, Vorerfahrungen, Netzwerken und persönlichen Kontakten.
Unsere Gruppe hatte bisher große Schwierigkeiten, illegalisierten Menschen Arbeit zu vermitteln. Wir können daher leider nur von einem Fall berichten: Eine Person aus unserem Umfeld hat Zeitungen ausgetragen. Das war möglich, weil eine andere Person den Arbeitsvertrag unterschrieben hat. Das Ganze war ein verhältnismäßig großer Aufwand für das geringe Einkommen, das dabei herauskam. Hinzu kam die Gefahr, bei einer Kontrolle aufzufliegen. Dies hätte für die Person ohne Papiere im schlimmsten Fall die Abschiebung bedeutet. Die Person, die den Arbeitsvertrag unterschrieben hat, hätte wahrscheinlich mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen gehabt. Dennoch hat das Austragen eine gewisse Struktur und Beschäftigung mit sich gebracht. Der Job hat außerdem (wenn auch in einem sehr geringen Umfang) zu einer Verbesserung der finanziellen Situation und damit auch zur Unabhängigkeit der*des Illegalisierten beigetragen.
Für weitere Informationen zu den Themen Wohnen und Arbeit empfehlen wir die Broschüre von DRK/Caritas.

Gesundheit

Menschen ohne legalen Aufenthaltstitel haben in Deutschland keinen ungehinderten Zugang zu Gesundheitsversorgung. Zwar stehen auch Menschen ohne Papiere nach dem „Asylbewerberleistungsgesetz“ Versorgung im akuten Krankheitsfall und zur Aufrechterhaltung der Gesundheit unerlässliche Leistungen zu, die Meldepflicht in öffentlichen Stellen versperrt diesen Zugang jedoch faktisch.
Außer in Notfallsituationen wird vor einer ambulanten oder stationären Behandlung in der Regel erst durch die Praxen und Krankenhäuser geklärt, wer die Kosten für die Behandlung eines*r Patienten*in übernimmt. Die Behandlung kann bis zur Klärung der Kostenübernahme verweigert werden. Handelt es sich um einen medizinischen Notfall, müssen Ärzt*innen sofort behandeln. Das Krankenhaus richtet in dem Fall anschließend einen Erstattungsanspruch an das Sozialamt.

Besitzt der*die Patient*in keine Versicherungskarte und zahlt die Behandlung nicht aus eigenen finanziellen Mitteln, wird ein Kostenübernahmeantrag beim Sozialamt gestellt. Sowohl das Sozialamt als auch gesetzliche Krankenversicherungen haben eine Übermittlungspflicht über ihnen bekannt gewordene Daten Illegalisierter an die Ausländerbehörden (§ 87 AufenthG). Das medizinische Personal selbst hat diese Pflicht nicht. Die Gefahr der Aufdeckung besteht also immer im Zusammenhang mit der Kostendeckung der Behandlung.
Menschen ohne Papiere sind deshalb auf anonyme, möglichst kostenlose Vermittlung von qualifiziertem Fachpersonal angewiesen. Hierzu gibt es in vielen Städten Vermittlungsbüros, wie beispielsweise Medibüros, Medinetze oder die Malteser Migranten Medizin. Einige dieser Büros leisten auch eine erste medizinische Grundversorgung, die meisten sind jedoch reine Vermittlungsstellen. Da die Büros über Spenden finanziert werden, stellen aufwendigere fachärztliche Behandlungen, Operationen mit längeren stationären Aufenthalten oder langfristige psychosomatische Behandlungen meist eine Herausforderung dar. Häufig können erforderliche Therapien erst dann durchgeführt werden, wenn ein medizinischer Notfall eingetreten ist.

Falls genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, kann es eine Option sein, Behandlungen mit eigenen Mitteln zu bezahlen. Selbstzahler*innen müssen leider sowohl in Praxen als auch in Krankenhäusern in der Regel einen höheren Kostensatz als Versicherte für die Behandlung zahlen. Da Ärzt*innen hier jedoch einen Spielraum haben, können sie nach Kenntnis der Situation häufig den Kostensatz senken.

Es hat sich gezeigt, dass es sinnvoll ist, bei Krankenhausaufenthalten immer (auch im Notfall) erst einmal einen falschen Namen anzugeben. Dadurch bleiben die Kostenübernahmeanträge an das Sozialamt zunächst ohne Konsequenzen und es entsteht Zeit, die Kostenübernahme mit solidarischen Vermittlungsstellen abzusprechen. Grundsätzlich meiden viele Illegalisierte den Ärzt*innenbesuch aus Angst vor Aufdeckung und Abschiebung. Es kann hilfreich sein, die Menschen gerade beim Erstkontakt mit einem*r Ärzt*in oder ins Krankenhaus zu begleiten.

Bildung

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben in den meisten Bundesländern auch ohne Papiere das Recht, zur Schule zu gehen. Da die Umsetzung nicht immer einfach ist und in den Kommunen unterschiedlich praktiziert wird, ist es ratsam, eine örtliche Beratungsstelle aufzusuchen.

In einigen Bundesländern unterliegen auch papierlose Kinder der Schulpflicht (Bayern, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Schleswig-Holstein). In anderen ist der Zugang über das Schulbesuchsrecht gewährleistet (Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg und Hessen). In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben Kinder in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität keine landesgesetzlich festgeschriebene Schulpflicht bzw. kein Schulzugangsrecht. Allerdings kann ihr Schulzugangsrecht aus dem (Landes-)Verfassungs- und Völkerrecht (Recht auf Bildung Artikel 26 der Menschenrechts-/ UN-Kinderrechtskonvention) abgeleitet werden.

Große Unsicherheit und Angst vor Abschiebung aus dem Unterricht stellt für Familien eine wesentliche Zugangsbarriere zu Bildungseinrichtungen dar. 2011 wurden Schulen, obwohl sie eine öffentliche Stelle sind, von der Übermittlungspflicht befreit. Das heißt, dass sie Informationen über illegale Aufenthalte nicht an die Ausländerbehörde weitergeben müssen. Eine wesentliche formale Hürde für den Schulbesuch Illegalisierter wurde damit abgebaut.

Für volljährige Personen gestaltet sich der Zugang zu Bildung deutlich schwieriger. Zum einen bedarf beispielsweise die Anmeldung zu Sprachkursen eines Ausweisdokumentes, das bei aufenthaltsrechtlicher Illegalität nicht vorliegt. Zudem fehlt es – auch aufgrund des Ausschlusses von Sozialleistungen oder der fehlenden Möglichkeit zu arbeiten – an finanziellen Mitteln. Die Teilnahme an den meisten Sprachkursen ist (besonders für erwachsene Menschen) kostenpflichtig.

Dabei sind Sprachkurse für viele Menschen ohne Papiere notwendig, um die deutsche Sprache zu lernen. Das Fehlen von Sprachkenntnissen und den Möglichkeiten, diese zu erwerben, verringert die sowieso schon stark eingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben noch weiter. Trotz der sehr begrenzten Möglichkeiten folgen an dieser Stelle einige Sätze zu praktischen Erfahrungen, wie es dennoch gelingen kann, einen (eingeschränkten) Zugang zu Bildung zu bekommen.

Die Möglichkeiten sind sicherlich abhängig davon, an welchem Ort oder in welcher Stadt die Person lebt. In manchen Städten gibt es Sprachkurse, bei denen keine Anmeldung erforderlich ist. Gegebenenfalls können hier auch Absprachen mit der jeweiligen Institution getroffen werden. Menschen, die Sprachkurse leiten, haben bestenfalls Verständnis für die komplizierte Lage der Person ohne Papiere und können Ausnahmen machen oder die vorhandenen Strukturen so nutzen, dass es dennoch Möglichkeiten zur Teilnahme gibt.

An vielen Universitäten gibt es Veranstaltungen – meist Vorlesungen -, bei denen nicht kontrolliert wird, ob eine Person eingeschrieben ist. Falls die sprachlichen Gegebenheiten es erlauben, kann zwar kein Schein für einen Abschluss erworben werden, aber unter Umständen so immerhin das Lernen ermöglicht werden.

Andere Möglichkeiten sind natürlich privat organisierte Lehrer*innen, Sprachbegleitungen und -tandems oder die autodidaktische Arbeit mit Lehrbüchern, Videos oder Apps für das Handy. Auch gibt es bei vielen Stadtteilinitiativen oder Begegnungsorten ehrenamtlich organisierte Sprachkurse, die häufig keine Anmeldung verlangen.

Finanzierung

Wie in Kapitel 3.2. erwähnt, gibt es in der rechtlichen Illegalität wenig bis gar keine Möglichkeiten, einer bezahlten Arbeit nachzugehen. Gleichzeitig fallen illegalisierte Menschen aus dem Bezug von Sozialleistungen heraus. Das erschwert das Leben erheblich und ohne Unterstützung durch andere scheint es kaum möglich, die Lebenshaltungskosten (Miete, Essen, Hygiene, Bildung etc.) decken zu können. Aufgrund der Schwierigkeiten, eine bezahlte Arbeit ausüben zu können, bedarf es anderer Möglichkeiten, um kontinuierlich an Geld zu gelangen.

Regelmäßige Spenden, bspw. in Form von monatlichen Daueraufträgen, können eine verlässliche Einnahmequelle bilden. Dafür bietet es sich an, ein Konto einzurichten, das extra dafür genutzt wird. Allerdings braucht es hierfür eine Person, die bereit ist, ein Konto in ihrem Namen zu eröffnen, was unter Umständen für Schwierigkeiten sorgen könnte (Bsp. Steuererklärung beim Finanzamt). Dies macht eine zusätzliche Kontoeröffnung nicht unmöglich, sollte dennoch mitgedacht werden. Zudem ist darauf zu achten, dass der Verwendungszweck keine Rückschlüsse auf den eigentlichen Zweck der Spende schließen lässt.

Diese möglichen Komplikationen lassen sich durch Bargeldspenden umgehen. Allerdings erscheint es wesentlich herausfordernder, regelmäßig Bargeld von Bekannten, Freund*innen, Familien oder anderen vertrauensvollen Personen einzusammeln, als um einen Dauerauftrag zu bitten. Dabei ist es besser, viele Spender*innen zu haben, die kleine Beträge überweisen, als einige wenige, die große Beträge spenden können. Fallen ein bis zwei Spender*innen bspw. aufgrund der eigenen finanziellen Lage weg, wird es bei wenigen Spender*innen wesentlich schwieriger, die finanzielle Sicherung zu gewährleisten.

Neben solchen Geldspenden gibt es natürlich auch noch ein paar andere Möglichkeiten, die Finanzierung zu unterstützen. Die größten Kosten fallen erfahrungsgemäß durch die Notwendigkeit an, Miete zahlen zu müssen. In einer Wohngemeinschaft kann die Miete bspw. umverteilt werden, so dass Personen mit einem höheren Einkommen einen größeren Anteil der gemeinsamen Miete zahlen als die Personen, die wenig oder gar kein Geld verdienen (können). Auch hier gilt: Je größer die Gruppe, desto kleiner die finanzielle Belastung für die Einzelperson. Im besten Fall findet sich ein Zimmer, für das keinerlei Mietkosten gezahlt werden müssen.

Neben der Deckung der Miete ist es für alle Beteiligten eine Entlastung, wenn die Person ohne Papiere einen gewissen Betrag monatlich erhält, über den sie frei verfügen kann. Auch wenn die illegalisierte Person selbst entscheiden soll, wofür sie das Geld ausgibt, kann es hilfreich sein, im Vorfeld darüber zu sprechen, für welche Anschaffungen und Einkäufe dieses Geld, neben der Gestaltung der Freizeit, gedacht sein soll. So kann Missverständnissen und falschen Erwartungen vorgebeugt werden. Dies ist insbesondere dann von Relevanz, wenn der Betrag relativ gering ist, weil die finanziellen Ressourcen der Unterstützungsgruppe begrenzt sind.

Organisierung von Unterstützung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Zimmer für eine Person ohne Aufenthaltsstatus bereitzustellen. Hierbei sollte jedoch im Vorfeld überlegt werden, welchen Ansprüchen es genügen soll. Wird nur ein Zimmer bereitgestellt oder steht mensch auch als Ansprechperson zur Verfügung? Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es für das Zusammenleben in der WG belastend sein kann, wenn nur das Zimmer bereitgestellt wird und es keine Ansprechperson für die illegalisierte Person gibt. Ebenso ist es für die jeweiligen Menschen sehr belastend, wenn sie den Eindruck haben, nur unliebsame Gäste in einer WG zu sein.
Um als Ansprechperson zur Verfügung zu stehen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Falls die Person ohne Papiere in einer WG bzw. bei Einzelpersonen aufgenommen wird, besteht natürlich die Möglichkeit, dass die Mitbewohner*innen die Ansprechpersonen sind. Das schafft jedoch eine sehr große Abhängigkeit gegenüber wenigen Personen. Unsere Erfahrung ist, dass es leichter ist, die Verantwortung auf mehrere Personen, die an verschiedenen Orten wohnen, aufzuteilen.
Das heißt, dass Menschen, die nicht direkt mit der Person ohne Papiere zusammenleben, Verantwortung übernehmen für Finanzen, Miete, Freizeitmöglichkeiten, medizinische Versorgung usw., sodass die Mitbewohner*innen “einfach nur” mit der Person zusammenleben können und ein ansatzweise gleichberechtigtes Wohnen entstehen kann. Dabei sollte auch die Sprache berücksichtigt werden: Falls nur wenige unterstützende Personen mit der illegalisierten Person die gleiche Sprache sprechen, kommt es automatisch zu einer enormen Abhängigkeit, da für wichtige Absprachen eine Übersetzung nötig ist. Idealerweise gibt es dann verschiedene Menschen, die für eine Übersetzung angefragt werden können und ggf. telefonisch erreichbar sind.Um als Ansprechpersonen verbindlich zur Verfügung zu stehen, bedarf es am besten einer festen Gruppe. Innerhalb dieser Gruppe können Verantwortungsbereiche aufgeteilt werden, sodass die Person ohne Papiere weiß, an wen sie sich wenden kann.
Zudem kann es sein, dass Personen über mehrere Jahre ein Solizimmer in Anspruch nehmen müssen. Damit hier eine Kontinuität gewährleistet werden kann, sollten sich mehrere Menschen zusammenschließen. Gleichzeitig können Konflikte bzw. schwierige Situationen leichter in einer Gruppe bearbeitet und reflektiert werden. Es sollte ebenfalls bedacht werden, dass auch die Mitbewohner*innen mit legalem Aufenthalt feste Ansprechpersonen an die Seite gestellt bekommen können, sodass auch sie Menschen haben, mit denen sie über die Situation sprechen können.
Die Erfahrung hat bisher gezeigt, dass es für alle hilfreich ist, das Wohnen und die Verantwortung für den Prozess so gut wie möglich voneinander zu trennen und dadurch Überforderungen vermieden werden können. Ebenfalls ist es hilfreich, ein vertrauensvolles Netzwerk mit z.B. Anwält*innen, Beratungsstellen, Ärzt*innen, etc. aufzubauen, damit dort nach Unterstützung gefragt werden kann. Es kann auch sinnvoll sein, sofern in der Stadt vorhanden, die Community aus dem Herkunftsland mit einzubeziehen. In den Communitys gibt es häufig viel mehr Wissen und Vernetzung z.B. über die Vermittlung von Sprachkursen oder Arbeitsstellen.

Strafrechtliche Situation

Illegalisierte Menschen

Nach § 95 des Aufenthaltsgesetzes steht der Aufenthalt ohne Erlaubnis in Deutschland unter Strafe. Dem Gesetz folgend kann ein Zuwiderhandeln mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe geahndet werden. In den meisten Fällen wird die Strafe jedoch nicht verhängt bzw. vollzogen, weil stattdessen die Ausreise, bzw. Abschiebung erfolgt. Dementsprechend können Kontrollen durch Polizei und Behörden bei illegalisierten Personen zu Inhaftierungen (Abschiebehaft) oder direkter Rückführung in Dublinverfahren führen. Die Konsequenzen gehen somit über die bloße strafrechtliche Ahndung hinaus und können u.a. Isolation (Abschiebehaft) und die Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit (im Falle einer Abschiebung) zur Folge haben.

Diese Konsequenzen drohen den Betroffenen jedoch auch, wenn sie sich nicht für ein Leben in der Illegalität entscheiden, sondern direkt nach Ablauf des Aufenthaltsstatus ausreisen bzw. abgeschoben werden.

Unterstützer*innen

Neben dem illegalen Aufenthalt wird auch die Beihilfe (nach § 96 des Aufenthaltsgesetzes) unter Strafe gestellt. Demnach können Personen, die eine Person ohne erforderliche Papiere bei sich aufnehmen, ihr eine Wohnung organisieren oder Essen geben, strafrechtlich verfolgt werden. Dies geschieht in der Praxis kaum, ist aber rechtlich möglich.

Eine Strafe droht laut § 96 dann, wenn Beihilfe zum illegalen Aufenthalt geleistet wird und dafür entweder ein Vermögensvorteil (z.B. Geld) erhalten oder versprochen wird oder wenn wiederholt gehandelt wird. Wer keine eigenen Vorteile durch die Unterstützung erfährt, kann im Falle eines Verfahrens demnach mit humanitären Werten argumentieren, was eine Einstellung des Verfahrens wahrscheinlich macht. Ob wiederholt gehandelt wird, erscheint uns schwer nachweisbar.

Wie eine Entscheidung vor Gericht ausgehen könnte, ist dennoch schwer vorhersehbar und eine Frage der Auslegung durch Gericht und Staatsanwaltschaft. Daher sollte, falls es zu einer Aufdeckung des illegalisierten Aufenthalts und der Unterstützer*innen kommt, in jedem Fall ein*e Fachanwält*in hinzugezogen werden. Bis dahin ist es empfehlenswert, das Recht der Aussageverweigerung in Anspruch zu nehmen und keine Aussagen zu der Situation ohne eine*n Fachanwält*in zu treffen. Hilfreiche Tipps im Umgang mit der Polizei gibt es in der Broschüre: Was tun wenn’s brennt?

Trotz Erfahrung mehrerer Jahre und langer Recherche sind uns aktuell und aus der Vergangenheit keine Fälle bekannt, in denen es nach der Unterstützung Einzelner zu einer Verurteilung gekommen ist. Daher ist davon auszugehen, dass die Verfolgung – wie beschrieben – möglich ist, in der Praxis aber kaum Anwendung findet.